
von der Antragsstellung im August 1990 bis zur Auszahlung der Entschädigungssumme im Januar 2011 dauerte das Verfahren mehr als 20 Jahre
Als am 9. November 1989 die Mauer in Berlin am Grenzübergang Bornholmer Str. als erstes nach der legendären Pressekonferenz Günter Schabowskis fiel, der Schlagbaum von den Grenzern „hochgezogen“ wurde, um die wartenden DDR-Bürger in den Westteil der Stadt zu lassen, war das Ende des großen Freiland Experimentes „Diktatur des Proletariats“ in den „Farben der DDR“ beendet. Daran waren aber nicht die Bonner Ultras schuld, nein ganz allein die Partei der Arbeiterklasse, hier die SED, die einfache Wirtschaftsgesetze als „führende Kraft“ meinte nicht beachten zu müssen, da sie für sie nicht relevant seien.
Das war bis dato das zweite Mal in der deutschen Geschichte nach 1946/48, dass Ideologie Wirtschafts-Wissenschaften schlug (wie wir heute – 2024 – wissen, nicht zum letzten Male).
Wie hatte Honi so schön im Sommer 1989 hinaus posaunt: „Den Sozialismus in seinem Lauf, halten weder Ochs noch Esel auf.“ – aber die eigene Verbohrtheit schon!
Noch zum Ende des Jahres 1989 hin wurden erste Anträge ehemaliger Besitzer auf Rückgabe der zwischen 1945 und 1948 enteigneten sowie den an den Staat 1972 „verkauften“ Betriebe gestellt.
Im November kam die Modrow-Regierung an die Schalthebel der Macht in der DDR.
Außer ein paar Namensänderungen (Ministerium für Staatssicherheit mutierte in „Amt für nationale Sicherheit“) änderte sich zunächst nicht viel. Aber Modrow hatte den Blick weit in die Zukunft gerichtet und sah mit den Enteignungen 1945/48 sowie den Überführungen 1972 in Volkseigentum Ungemach auf die DDR zu kommen.
Mit den Modrow Gesetzen im März 1990 (das Gesetz ermöglichte, volkseigene Gebäude und/oder Flächen zu erwerben) sorgte er dafür, dass betroffene DDR-Bürger zu einem Spotpreis das von ihnen bewirtschaftete Land/Gebäude, welches unter die o. g. Kriterien fiel, „schnell“ vor Toresschluss noch kaufen konnten.Ende November 1989 legte Kohl das 10-Punkte-Programm im Deutschen Bundestag vor, das erstmals von der Herstellung der Deutschen Einheit sprach.
Um es kurz zu machen, es kam dann zu den ersten freien Wahlen auf dem Gebiet der DDR seit 1946 im März 1990.
Kohl mit seiner Allianz für Deutschland fuhr mit über 40% bei einer Wahlbeteiligung von 97% (!!) einen überwältigenden Sieg ein.
Die Einheit Deutschlands war nicht mehr aufzuhalten.
Nun musste im Umgang mit den enteigneten Ländereien, Fabriken und sonstigem enteigneten Eigentum von 1945/48 und 1972 eine Lösung gefunden werden. Kohl vertrat die Auffassung Rückgabe vor Entschädigung. Modrow wollte die Entschädigung der alten Besitzer, wollte dass die in 40 Jahren gewachsenen Eigentumsverhältnisse festgeschrieben werden.
Wie das alles historisch abgelaufen ist, wie letztendlich die Unantastbarkeit der Enteignungen „im größten Justizskandal der Bundesrepublik“ fest gezurrt, die kommunistische Beute aufgeteilt wurde, kann man im Artikel „Rückgabe vor Entschädigung“ ausführlich nachlesen.
Wieder wurde der Ossi zu Kasse gebeten. Es sollte nicht das letzte Mal sein (siehe auch Artikel “ … das muss mal gesagt werden„)!
So kam es, dass der Bundestag mit Datum vom 03.10.1990 grundsätzlich die Entschädigung im Rahmen des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen (VermG) beschloss. Allerdings sollte es späteren Legislaturen überlassen bleiben, dieses Gesetz betreffs der Zahlungen von Entschädigungen auszugestalten.
Das Entschädigungsverfahren der Ziegelei:
Mit Schreiben vom 20.08.1990 stellte Heinrich, später dann mit Datum vom 14.04.1991 auch Peter und Klaus den Antrag auf Rückgabe der 1945/48 enteigneten Fa. Gebrüder Sommermeyer Ziegelwerk Gera beim inzwischen eingerichteten Amt zur Regelung offener Vermögensfragen.
1995 schlossen die 5 Enkel von Max eine Vereinbarung zur Betreibung der Rückgabe der enteigneten Ziegelei nach Heinrichs Tod 1992.
Dann war lange Zeit Ruhe im ganzen Verfahren. Auch die neue Regierung unter Kanzler Schröder, die 1998 an die Macht kam, hatte kein Interesse, die Verfahren gemäß des „Gesetzes über staatliche Ausgleichsleistungen für Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können (Ausgleichsleistungsgesetz – AusglLeistG)“, das am 1.12.1994 in Kraft trat, zu beschleunigen.
Es fanden regelmäßige Beratungen mit unserem RA Dr. oec. Dipl. jur. Ulrich Michel in Plauen statt, der auch ein betroffener war.
Aber es war nichts zu machen, die Sache war wie angestemmt.
Die mehrfachen, vergeblichen Nachfragen beim Amt, die „natürlich“ über Termine keine Aussagen treffen konnten (wohl eher nicht wollten), haben den Autor veranlasst, eine Petition beim Thüringer Landtag einzureichen, weil auch die damalige Finanzministerin Birgit Diezel auf schriftliche Anfrage keine Ahnung hatte, wann denn nun mit der Bearbeitung nach 20 Jahren zu rechnen sei.
Die Petition hatte Erfolg! Die Antwort von den selben „Ministerialbeamten“, die bis dato keine Ahnung von der Terminkette hatten, teilten dem Petitionsausschuss im Frühjahr 2008 mit, dass mit der Bearbeitung noch in 2009 zu rechnen sei (siehe hier ⇒).
Und so kam es auch.
Zunächst wurde mit Datum vom 02.11.1995 der Antrag auf Rückgabe entsprechend den mittlerweile erlassenen Grundsatzurteilen des Bundesverfassungsgerichtes abgelehnt. Gleichzeitig wurde mitgeteilt, dass der Antrag weiter unter dem Aspekt der Entschädigung bearbeitet wird.
Dann kam das Jahr 2009!
Im Oktober wurde tatsächlich das Entschädigungsverfahren mit einem Paukenschlag eröffnet. Das Amt hatte die Abschlussbilanz des Treuhänders Huth „zu Rate gezogen“, um das Verfahren gleich mit der Eröffnung wieder zu schließen. Es wurde uns mit Schreiben vom 12.10.2009 (beabsichtigter Bescheid) mitgeteilt, dass die Ziegelei zum 30.06.1948 mit -21.893,17 RM ein negatives Reinvermögen ausweist und somit kein Anspruch auf Entschädigung besteht! Das hätte vielleicht mit Cousine/Cousins und mit dem Bruder des Autors klappen können aber nicht mit ihm.
der Autor hatte nach der Wende als Angestellter in mehreren West-Ziegeleiunternehmen erfahren können, dass ALLE Ziegeleibesitzer im Westteil Deutschlands mittlerweile Millionäre geworden waren. Vergleichbar mit der Sommermeyer’schenZiegelei, die ja nun auch schon in der 4. Generation gewesen wäre.
In einem Land, das den Krieg verloren hatte und in dem beträchtliche Kriegsschäden durch Kampfhandlungen sowie den alliierten Luftanagriffen entstanden waren, wurde jeder Sack Zement und natürlich JEDER ZIEGEL gebraucht. Es war wie zur Zeit in den 1980er Jahren im Ziegelwerk Caaschwitz: Die Ziegel wurden auf dem Hof nicht kalt!
Der Autor fuhr nach Weimar ins Hauptstaatsarchiv und besorgte sich alle Bilanzen der OHG nach dem Krieg bis zur Enteignung einschließlich der Eröffnungsbilanz vom 01.07.1948. Diese wurden dann alle auf den Rechner „genommen“ und da stellte sich sofort heraus, dass die Abschlussbilanz der OHG gefälscht war. Karl Huth hatte hervorragende Arbeit für seine Auftraggeber geleistet, auch wenn sie kriminell war.
Die Eröffnungsbilanz wies ein Reinvermögen von 251.120,11M aus!
In nicht mal 24 Stunden wird aus einem verschuldeten Unternehmen ein hoch profitables, ohne Zuführung von neuem Kapital (der Staat hatte keins, da er die Reparationen bedienen musste). Respekt Karl Huth. Dazu gehört eine ganze Portion kriminelle Energie. Aber das fällt um so leichter, wenn man weiß, dass man auf der „richtigen Seite“ steht.
Um das ganze Verfahren mal abzukürzen: Dem Vorschlag des Autors es dem Amte gleich zu tun, nur diesmal die Eröffnungsbilanz gleich der Abschlussbilanz zu setzten, folgten die Beamten nicht. Es war nicht alles durchzusetzen. Man wurden den Eindruck nicht los, dass die Antragsteller auf den Klageweg geschickt werden sollten. Das hätte bedeutet, die nächsten 3 Jahre nur mit dem Prozess beschäftigt zu sein, die Antragsteller aber dann drei Jahre älter wären und immer noch auf Gerechtigkeit warten würden.
Es wurde mit dem endgültigen Bescheid vom 03.12.2010 dann ein Reinvermögen von 93.932,56 RM ausgewiesen, was einer Bemessungsgrundlage von 140.966,23 DM entsprach.
Zur Wichtung dieser Zahl sei dazu ausgeführt: 1935 kostete ein Opel Olympia ca. oder ab, wie es heute so schön heißt 2.500,- RM. Also mit den rd. 90.000,- RM Gewinn hätten theoretisch mehr als 30 PKW dieser Marke gekauft werden können.
Die Ziegelei war die reinste Gelddruckmaschine!
Dieser Betrag von 140.966,23 DM war die Grundlage zur Berechnung der Entschädigung in Höhe von über 60.000,- €. Die Summe wurde Anfang 2011 ausgezahlt. Die RA-Kosten der vergangenen 20 Jahre mussten davon „natürlich“ auch noch beglichen werden 🙁 .
Über ein Jahr „Kampf“ mit den Beamten um jeden Meter Grund und Boden sowie Ausstattung wie bspw. Bergbauschutzgebiete.
Der Kampf hat sich gelohnt.
Die Vorfahren der 5 Enkel waren rehabilitiert, sie hatten ein funktionierendes, hoch profitables Unternehmen an die Arbeiterklasse abgeben müssen. Diese hat zu keiner Zeit in den 1950er und 1960er Jahren die beeindruckenden Ergebnisse vom Sommer 1948 erreicht.
Zum Ende der 1960er Jahre wird das Werk stillgelegt und in den 1970er Jahren dann schrittweise abgerissen. Nur das kleine Bürohaus und die Nebengebäude bleiben stehen und werden bis zur Wendezeit genutzt. Das Verwaltungsgebäude steht nun seit Jahren leer und ist vom Zahn der Zeit gekennzeichnet und wird wohl bald das gleiche, endliche Schicksal ereilen.
Warum wurde das Werk geschleift?
Diese Frage können nur die Kommunisten beantworten mit ihrem wirtschaftlichen Sachverstand. Die Scheibe’sche Ziegelei, Luftlinie nur wenige hundert Meter entfernt, wurde bis zur Wende betrieben, obwohl sie lange nicht so mechanisiert war wie die Sommermeyer’sche, die aber wurde voll auf Verschleiß gefahren. Später wurden dann Ausrüstungen umgesetzt, damit nicht die Scheib’sche Ziegelei dicht gemacht werden musste.
Das Werk in der Naulitzer Str. 29 hatte nach der Enteignung keine Freunde, die sich für die Weiterführung und den Erhalt des Werkes einsetzten.
Späte Rache an Max?
veritas abscondita est (Die Wahrheit liegt im Verborgenen).